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Jonas Schmied17. Februar 20217 min read

Mit Steak, Eiern, Toast und Orangensaft in die Höhe

Vor rund 50 Jahren hat sich die USA mit der Begehung des Mondes ein riesiges Ziel gesetzt und erreicht. Diese Geschichte bietet interessante Analogien zu der Einführung der Cloud als primäre Plattform für IT-Applikationen in Unternehmen.

Anfang Oktober 1958 wurde beschlossen, ein bemanntes Raumfahrtprogramm in den USA zu beginnen. Dieses Ziel wurde mit dem Mercury, Gemini und schliesslich Apollo-Programm schrittweise und bekanntlich erfolgreich umgesetzt. Die Freedom 7 war das Raumschiff mit welchem 1961 der erste bemannte Flug ausserhalb der Erdatmosphäre der Mercury Missionen stattfand. Und der Astronaut Alan Shepard startete damals eine Tradition, in dem er zuvor zum Frühstück Steak, Eier mit Toast und Orangensaft konsumierte.

Die Reise heutiger Unternehmen geht zwar meist nicht ins Weltall, aber zumindest in die Cloud. Auch dies wird häufig in mehreren Phasen vollzogen und es gibt auch auf dieser Reise einige bewährte Stärkungsmittel. Nachfolgend finden Sie eine kleine Zusammenstellung dazu, ausgerichtet auf Microsoft Azure.

Vorbereitung

Zum Start des Mercury Programms wurden in einem systematischen Selektionsverfahren die besten Astronauten gesucht und umfangreich trainiert. Von den dreizehn selektierten Personen blieben so schlussendlich noch sieben, die berühmten "Mercury Seven" (zu Ehren dieser Personen benannte Alan Shepard dann auch sein Raumschiff).

Für die Reise in die Cloud ist der Staff meist schon definiert und muss nicht selektiert werden. Jedoch ist ein entsprechender Wissensaufbau sehr zu empfehlen. Die Cloud hat das Potential, die Art und Weise, wie Applikationen entwickelt, betrieben und genutzt werden, grundlegend zu verändern. Es liefert einen Anstoss, eine oft als DevOps Kultur bezeichnete Philosophie zu etablieren, in welcher die IT mit dem Business fusioniert und das Unternehmen mit digitaler Power vorantreibt (anstelle des reaktiven Umsetzens von Projekten). Dieses Bewusstsein ist wichtig, denn zu oft wird eine Cloud Strategie als ein rein technischer Schritt verstanden und stiefmütterlich der IT-Abteilung delegiert.

Wissen dazu ist mehr als genug dokumentiert. Die Herausforderung liegt häufig darin, sich in der Menge an Informationen zu orientieren und sich effizient das notwendige Wissen aneignen zu können. Hierfür ist die Learn Plattform von Microsoft sehr zu empfehlen, in klar strukturierten Pfaden und mit einem homogenen technischen Level werden Sie so durch einzelne Themengebiete geführt. Meine Empfehlungen sind:

Die kostenpflichtigen Zertifizierungen sind optional, Sie können sich durchaus auf die referenzierten Lernpfade beschränken und diese in Ihrem Tempo durchgehen.

Hinsichtlich der Einführung von Azure in die Unternehmens IT bietet Microsoft mit dem Cloud Adoption Framework eine umfangreiche Sammlung von Informationen, einen grobgranularen Prozess und auch einzelne Vorlagen und Checklisten.

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Dies bietet oft Nachschlagewerk, Orientierungshilfe und eine gute Inspirationsquelle, insbesondere auch für weitere Optimierungen, nachdem Azure initial etabliert wurde.

Zielsetzung

"We choose to go to the moon", sagte der damalige US Präsident John F. Kennedy und fokussierte damit die Zielsetzungen der Apollo Missionen. Damit war der NASA klar, was in einzelnen kleinen Schritten erreicht werden musste.

Der Auslöser für eine Cloud Strategie in Unternehmen ist vielfältig. Teilweise ist dies ein sehr ähnlicher Top-Down Entscheid, angetrieben vom Bedürfnis, das Unternehmen stärker auf die Digitalisierung auszurichten. In anderen Fällen reift dieser Entscheid eher Bottom-Up, nachdem die Cloud bereits als Plattform bei einzelnen Applikationen Einzug gehalten hat. In solchen Situationen führt die eingetretene Komplexität durch die heterogene Applikationslandschaft oft zu spezifischen Bedürfnissen. Praktisch immer stehen grosse Themen im Raum:

  • Involvieren der Stakeholder und gemeinsame Ausrichtung.
  • Aufzeigen und Argumentation von Aufwänden gegenüber Unternehmensleitung (commitment).
  • Langfristige Positionierung des IT-Teams.
  • Implikationen auf Zusammenarbeit mit Fachabteilungen und Dienstleistern.

Um diesen Prozess zu unterstützen hat GARAIO einen Fragebogen mit dem Titel "Cloud Readiness Assessment" entwickelt. Dieser kann Ihnen helfen, eine Aussensicht auf Ihre Situation zu entwickeln und Prioritäten zu finden. Es beinhaltet Fragen zu ihrer aktuellen IT, Bedürfnissen, Beweggründen, Zielen und Hindernissen. Bereits die Reflektion beim Ausfüllen kann zusammen mit den Implikationen der Antwortmöglichkeiten sehr aufschlussreich sein.

Raumschiff

Bis Menschen zum Mond transportiert werden konnten, mussten die vorangehenden Raumschiffe verschiedene Aufgaben erfüllen und wurden spezifisch dafür konstruiert. Dies gilt bis heute auch für die ISS sind verschiedene Typen von Raumschiffen im Einsatz, abhängig von der transportierten Fracht.

Um Ihren Weg in die Cloud effizient zu gestalten, ist es unabdingbar, sich klarzuwerden, welche IT-Dienste Sie heute und in Zukunft betreiben und nutzen wollen. Der erste Schritt ist meist eine Aufnahme der aktuellen IT-Landschaft, indem Sie einen Applikationskatalog erstellen oder aktualisieren. Für typische KMUs brauchts hierfür nicht ein spezialisiertes Tool (sogenannte ITSM oder CMDB Lösungen), Microsoft Excel oder Ähnliches reicht. Empfehlenswert ist zudem eine einfache Visualisierung der Applikationen, beispielsweise mittels PowerPoint oder Visio. Versuchen Sie dann, auf dieser Basis sinnvolle Gruppierungen zu finden. Sind dies Business-Verantwortlichkeiten (Fachbereiche)? Oder Betriebsverantwortlichkeiten (SaaS, externer Betrieb, PaaS, CaaS / IaaS, On-Premises)? Oder technische Zusammenhänge (wie beispielsweise Netzwerksegmente)? Mittels verschiedener Farben und oder allenfalls Form-Typen lassen sich einfach weitere Dimensionen visualisieren.

In einem nächsten Schritt können Sie dann Zielbilder entwickeln. Ich empfehle Ihnen, mit der langfristigen Vision zu starten und dann bedarfsentsprechend Teilumsetzungen (in 1, 2, 5 Jahren) zu entwerfen. Dabei beginnen Sie am besten mit Ihren Kernapplikationen (ERP, CRM und so weiter) und nehmen diese als Massstab für die weiteren Applikationen. Auf Basis dieser Zielbilder können Sie dann Umsetzungsphasen und eine entsprechende grobgranulare Roadmap ausarbeiten.

Als kleine Hilfestellung haben wir ein paar einfache Vorlagen zu diesen Schritten zusammengetragen, an denen Sie sich bei Bedarf gerne orientieren dürfen.

Mission Control Center

In den 60er Jahren war die Kommunikationstechnologie noch nicht so ausgereift als dass eine Fernsteuerung der Raumschiffe vom Boden aus möglich gewesen wäre. Die Verantwortlichkeiten während einer Mission lagen klar bei der Besatzung, welche in allen Situationen die zur Verfügung stehenden Funktionalitäten nach ihrem Ermessen einsetzen musste. Es gab jedoch viele mehr oder weniger bekannte Episoden, in denen die Besatzung äussert froh um die Unterstützung des MCC mit Informationen und Anleitungen war.

Ein grosser Vorteil von Cloud Diensten ist die unmittelbare Verfügbarkeit spezialisierter Dienste für Entwicklungsteams. Mit diesem Freiheitsgrad können sich diese stärker auf spezifische Probleme konzentrieren und so schneller innovative Lösungen schaffen. In diesem Sinne gibt es viele Parallelen zur Raumfahrt, wie in vorheriger Schilderung beschrieben. In der Realität zeigt sich, dass manche Unternehmen Schwierigkeiten haben, für ihre IT-Abteilung die passende Rolle als Mission Control Center zu finden. Es bewegt sich dabei oft nahe an den Extrempositionen "Laissez-faire" und übertriebenem Controlling. Wie können Sie sinnvolle erste Schritte machen und ein konstruktives Mission Control Center formieren? Diese Frage lässt sich natürlich nicht mit wenigen Sätzen beantworten, es ist zu grossen Teilen ein individueller Findungsprozess. Zwei Empfehlungen habe ich trotzdem:

  • Dokumentieren Sie Ihre Zielsetzungen wie Ihre neue cloudbasierte IT aussehen und betrieben werden soll. Beschränken Sie sich dabei aber auf die wesentlichen und wichtigen Aspekte und sorgen Sie dafür, dass diese Information allen Beteiligten stets zugänglich ist (insbesondere externen Softwarelieferanten). Begleiten und unterstützen Sie mit dieser Grundlage die anstehenden IT-Vorhaben. Wichtig ist vor allem, dass Sie damit eine gemeinsame Basis, ein Framework, schaffen an dem Sie stetig weiter arbeiten können. Viele führen eine solche Dokumentation unter der Bezeichnung "Cloud Operating Model (COM)", wir haben auch hier eine Vorlage mit einer möglichen Strukturierung der Inhalte bereitgestellt.
  • Fördern Sie eine DevOps Kultur in Ihrem Unternehmen.

Zur Optimierung der Nutzung der Azure Plattform bauen viele Unternehmen längerfristig ein Spezialisten-Team auf. Dieses wird oft als "Cloud Center of Excellence" bezeichnet und funktioniert als Kompetenzzentrum in dem Wissen verteilt, die Konsistenz der Lösungen verbessert und die Adoption von für das Unternehmen wertschöpfenden Dienste verbessert wird.

Plug-Out-Test auf der Startrampe

Dieser Test hat mit der missraten Durchführung bei der Apollo 1 Mission traurige Berühmtheit erlangt. Er gilt als Abschluss der Vorbereitungen und letzte Trockenübung vor dem Raketenstart.

Zuerst gilt es aber, die Startrampe gebaut und betriebsbereit zu haben. So wie die modernen Cloud Dienste nutzungsbasiert abgerechnet werden, empfiehlt es sich in der Regel auch, diese nutzungsbasiert, das heisst mit der ersten konkreten Nutzung zu erstellen. In den meisten Fällen ist damit die vorbereitend zu realisierende Startrampe relativ leichtgewichtig und besteht typischerweise aus:

  • Management Strukturen (Strukturen zur Gliederung der Dienste hinsichtlich Kosten-, Berechtigungs- und Richtlinien-Management).
  • Netzwerkinfrastruktur, insbesondere für On-Premises oder Hybrid Cloud Connectivity.

Im Gegensatz zu der Prozedur in der Raumfahrt kann diese Startrampe durchaus direkt verwendet werden. Es empfiehlt sich jedoch, zuerst mit einem kleineren Vorhaben, beispielsweise der Migration einer einzelnen Applikation zu starten und diesen Start gezielt zur Erfahrungsgewinnung zu nutzen. Wie kann die Nutzung und das Leistungsverhalten überwacht werden? Wie lassen sich Backup und Disaster Recovery nutzen? Zu diesen und weiteren Fragen stehen Instrumente zur Verfügung, von welchen die Operatoren in Houston in den 60er Jahren nicht mal träumen konnten.

Auch wenn in diesem Post zahlreiche Analogien zur Raumfahrt bemüht wurden, sollte dadurch nicht ein falscher Eindruck entstehen: Die erfolgreiche Einführung von Microsoft Azure in die Unternehmens IT ist keine Raketenwissenschaft.

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