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Mark Ehrsam16. Juni 20204 min read

The next normal im digitalen Onlinehandel

Zurzeit kursieren viele Onlineumfragen und Studien was Firmen betreffend Digitalisierung und Transformation JETZT machen sollten. Ich bin der Meinung, dass die Unternehmen nach wie vor im «Überlebensmodus» sind und weder Zeit (Stichwort Auslastung) noch Budget (Stichwort Umsatzeinbussen) und Ressourcen (Stichwort Anstellungsstopp) haben. Zudem ist ein digitaler Schnellschuss nicht nachhaltig – und genau das sollte eine künftige digitale Lösung doch sein.

Etliche Firmen bekamen wegen dem Lockdown einen digitalen Stress und eröffneten kurzfristig einen Onlineshop oder haben sogar Video-Chats als Verkaufskanal eingeführt. Dies ist auf jeden Fall die richtige Richtung, doch hinter den Kulissen muss die Systemlandschaft entsprechend angepasst werden. Denn sonst stimmt weder das Fundament noch die Möglichkeit für einen Ausbau.

Bevor man überhaupt die neusten technologischen Innovationen einführen kann, muss die IST-Situation genauer unter die Lupe genommen. Es hat zum Beispiel nach wie vor einige Onlinehändler, welche ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Somit fehlt wichtiger Content zu Produkten oder Dienstleistungen, welcher eine direkte Entlastung (resp. Optimierung) der Wertschöpfungskette bringen kann. Also weniger Falschbestellungen resp. Retouren, weniger Anfragen dank klarer Beschreibungen und Beispielen, weniger Aufwände in der Buchhaltung und weniger Absprünge zu den Marktbegleitern. Sprich: keine frustrierten Kunden! Auch professionelle Suchmaschinen sind zwar teilweise installiert, werden aber nicht richtig eingesetzt. Obwohl in den erwähnten Studien klar kommuniziert wird, dass eben genau diese Suchfunktionen gefordert sind.

Apropos Studien – im ORI (Omnichannel Readiness Index 2020) ist unter anderem die Diskrepanz zwischen Kundenanforderungen und was Händler anbieten sehr spannend. Klar kann nicht jede Firma gleich eine perfekte Omni-Channel-Lösung umsetzen, aber zumindest kann man sich mit dem Thema befassen und kleine Schritte in Angriff nehmen. Hier habe ich mal den Begriff «Connected Commerce» irgendwo aufgeschnappt, welchen ich für sehr treffend halte. Es geht in erster Linie ja darum, die Systeme zu verbinden, um eine Gesamtübersicht (kein Silo-Denken) zu erhalten.

Auch eine für mich eher erstaunliche Aussage ist die nicht vorhandene Möglichkeit eines telefonischen Kontaktes mit dem Händler. Das hat sicher gute Gründe, aber warum nicht hier mit einfachen (neuen) Technologien wie Chatbots oder Live Chats interagieren? Dialog statt Monolog!

Zudem möchte die digitale Zielgruppe auch ein personalisiertes Einkaufserlebnis, doch wie soll das ohne die erwähnte gesamtheitliche Sicht gehen? Ein Ansatz wäre die vorhandene Systemlandschaft zu einer «Digital Experience Platform» zu formen, denn mit Daten lernt man den Kunden doch erst richtig kennen (ich bekomme immer noch Apple-Werbung!). So könnte auch das Bedürfnis von Gegenleistung für die Kundentreue (also Loyality) angeboten werden, was die Natives als unverzichtbar nannten. Connected Commerce ist also umsetzbar. Übrigens - ein solches System kann auch bei der Planung der Nachhaltig eine grosse Rolle spielen und die Kunden positiv verblüffen. Hierzu mehr in meinem kommenden Blogbeitrag «Nachhaltigkeit im Onlinehandel».

Human resp. Customer Journey

Eine Digital Experience (oder mittlerweile auch Human Journey genannt) ist unverzichtbar. Denn seit dem Lockdown haben sich die Gewohnheiten klar geändert und wie wir alle wissen, können wir uns Menschen nicht so schnell wieder neu anpassen. Diese «neuen» Gewohnheiten haben sich in unserem Verhalten mittlerweile eingenistet und sollten (resp. müssen) vom Händler erkannt werden. Finde, kenne, verstehe, binde und vor allem begeistere den Kunden!

Zum Beispiel musste ich mich tatsächlich letzten Samstag vor einem Bierladen in die Warteschlange einordnen, da nur eine Person auf einmal in das Geschäft durfte. Es dauerte nicht lange und eine Person wollte vordrängeln. Da wir nicht so diszipliniert sind wie die Engländer, gab es schon schnell stillen Unmut und die Frage «wer ist eigentlich jetzt an der Reihe?». Hier kam mir gleich der Gedanke dieser tollen App, welche via QR Code am Eingang installiert werden kann und ein Ticketing System anbietet. Somit weiss man nicht nur wer wann an der Reihe ist, sondern kann sogar einen Kaffee holen und die Warteschlange kurz (für andere Geschäfte) verlassen. Der Bierladen erhält sogar gleich meine Kundendaten und könnte diese zum Beispiel für seinen neuen Onlineshop (er hatte doch tatsächlich noch keinen) verwenden. Ich fantasiere jetzt mal ein bisschen weiter – warum nicht gleich die neuen Sorten in das Schaufenster stellen und mit der gleichen App die Hintergrundinformationen zu diesen Bier anbieten? Übrigens wurde mir in der Warteschlange sehr langweilig und so philosophierten wir mit den Mitwartenden über das Beste Bier der Welt (selbstverständlich mit dem nötigen Abstand). Wir wurden dann abrupt unterbrochen, als ich an der Reihe war. Hätte das Gespräch gerne weiterverfolgt… hmmm - könnte man also nicht sogar einen digitalen Treffpunkt in Betrieb nehmen? Ja ich weiss, das gibt es alles schon. Aber eben, noch haben nicht alle die Hausaufgaben gemacht…

Spass-Shopping statt Frust-Käufe

Warum ich auf diese Idee komme? Weil ich finde, dass Shopping generell Spass machen sollte. Auch hierzu fand ich eine tolle Aussage (Quelle leider nicht mehr bekannt), die mit Social-Shopping-Apps das Einkaufen digital und vor allem live mit Freunden und Fans zusammenbringen kann. Somit könnte die App gleich mein digitaler Bier-Scout oder Bier-Einkaufsassistent sein. Nicht vergessen – diese Daten müssen aber unbedingt in die Digital Experience Platform einfliessen. Was man damit alles herausfinden und kommunizieren kann, muss ich hier nicht weiter erläutern.

Gekauft habe ich schlussendlich nur EIN Bier, da ich irgendwie indirekt einen grossen Druck der Wartenden verspürte und ich mich nicht getraut habe den Inhaber (welcher sehr gestresst wirkte) etwas zu fragen (so viel zu Kundeninteraktion in real life).

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